Napoleon – er kam, sah und verstand

Mein kleiner Napoleon. Kleiner, lauter, vor Energie strotzender Napoleon. Kriege führen kannst du – oh ja. Aber du kannst auch Frieden schliessen. Du kannst verstehen, einsehen, akzeptieren. Es ist nicht mehr nur „er kam, sah und siegte“ – nein. Viel öfters ist es „er kam, sah und verstand“. Mein kleiner Napoleon. Kleiner, lauter, vor Energie strotzender Napoleon. Schön haben wir Frieden.

Napoleon

Ich kann mich noch erinnern, an diesen ersten zornigen Trotzanfall, der klein Napoleon hatte. Ich sah mich in diesem Moment zwar nicht, könnte aber schwören, dass ich ihn anglotze, als sei da ein Wesen von einem anderen Stern in unserer Mitte. Ich war überrumpelt und überfordert. Er wahrscheinlich auch. Wir waren es wohl beide. Und dabei blieb es – eine ganze Zeit lang. Es blieb laut, trotzig, ungeduldig und nervenaufreibend. Für alle. Für Napoleon, für mich, für unsere bessere Superhälfte und speziell auch für Fräulein Flunker. Wir wünschten uns alle so sehr eine friedliche Atmosphäre, wir kriegten sie auch oft zustande. Aber wir kriegten eben auch oft genau das Gegenteil hin. Angespannte Nerven, ein lautes Wort da, eine Sanktion dort. Wütendes Geschrei im Minutentakt gefolgt von Frustration. An guten Tagen, an welchen ich Nerven aus Stahl hatte, da nahm ich diese terrible two Phase mit Humor. Ich schaltete auf „wouza“ Feeling und liess mich nicht aus der Ruhe bringen. Aber dies gelang eben nur an guten Tagen. An den weniger guten Tagen fühlte ich mich als Versagerin. Hätte mir bessere Mama skills gewünscht. Einen Not-Guide für Situationen wie diese. Kind trotzt, Mama auch – und damit dann gleich die ganze Familie. Aber es gibt wohl keinen Not-Guide. Keinen Schalter zum Umlegen, keine gute Fee, die aus dem Küchenschrank springt und einem die Lösung der Stunde darlegt. Nope! Nichts da mit diesem Wunschdenken. Es gibt nur eine Lösung: man muss da durch – alle.

Jetzt, rückblickend, da bin ich schlauer. Nicht um eine andere oder bessere Lösung. Aber ich bin schlauer um das Wissen, dass man in einem Mamaleben öfters mal akzeptieren muss. Wie auch in einem Kinderleben. Mama und Napoleon hätten akzeptieren müssen – taten sie aber nicht! Das aneinander Reiben, sich Loslassen, sich Wiedergreifen und sich im Kreise drehen war wichtig. Es formte. Und es wird immer wieder formen. Weil wir in unserem Dasein nie vollständig und vollkommen sein werden. Napoleon erlebte es zum ersten Mal in seinem Leben, dieses frustriert sein. Ich zum ersten Mal in meiner Rolle als Mutter. Nicht aber in der Rolle als Mensch. Wir formen uns mit Tiefschlägen, Rückschlägen, Glücksmomenten, Auseinandersetzungen, Liebe und Wut. Wir lernen dazu, entwickeln uns weiter und lernen immer wieder auf’s neue. Und dieser Kreislauf ist nie fertig. Nie.

Das ist das Einzige, was ich aus den Kriegen mit Napoleon gelernt habe – und dieses Wissen ist enorm. Es macht mich nicht besser, grösser, erfolgreicher oder talentierter. Aber vielleicht hilft es mir bei einer kommenden Auseinandersetzung den Abstand zur Situation zu gewinnen. Vielleicht kann ich mir dann sagen: lass gut sein, es muss gerade. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Mein kleiner Napoleon. Kleiner, lauter, vor Energie strotzender Napoleon. Ich liebe dich so gewaltig, so immens, so unbeschreiblich. Ich wollte nie Kriege führen, du wohl auch nicht – aber es musste sein. Für dich. Für mich. Und wir werden sie wieder führen, unsere Kriege. Aber wir werden danach immer in Frieden gemeinsam weitergehen. Du und ich. Napoleon und Mama.

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