Ein Rezept mit Emotionen – Apfel-Zimt-Galette

Die Emotionen für dieses Rezept betreffen weder eine Kindheitserinnerung noch eine Momentaufnahme meines Lebens. Ich habe, wohl bemerkt, zum ersten mal einen Mürbeteig gemacht und überhaupt ein Galette-Rezept ausprobiert. Warum also diese Emotionen? Wohl deswegen weil ich so sehr daran glaube, dass unsere Kinder eigentlich interessierte, offene und abenteuerliche Esser wären – wäre da nicht unsere seltsame Ansicht, wie unsere Kinder zu ernähren sind…

Ich bin mir bewusst, dass dieser Artikel kein einfacher ist. Weder mit seinem Inhalt, noch mit seiner Botschaft, noch betreffend meiner Haltung. Normalerweise plädiere ich total für „leben und leben lassen“. Doch wenn es um die Ernährung unserer Kinder geht, werde ich emotional. Ich bin kein Fan von „Dreinrederei“ noch von „Besserwisserei“. Wohl aber lest ihr jetzt und hier meine Zeilen und denkt: „jetzt weiss sie es doch besser – oder glaubt es zumindest“. Ja, vielleicht habt ihr recht. Vielleicht masse ich mir an zu wissen, wie sich die Welt besser ernähren kann, und vielleicht bin ich einfach ein hoffnungsloser Optimist der daran glaubt, dass gerade Kinder doch so offene und neugierige Persönlichkeiten sind, dass sie die Vielfalt gesunder und geschmacksvielfältiger Ernährung verdient haben. Es besser zu wissen, möchte ich vehement von mir weisen. Ein Optimist zu sein, dazu stehe ich.

Warum also soll dieses so unspektakuläre Galette-Rezept so emotional sein? Ich sage es euch. Gestern, es ist Sonntag, wir freuen uns, dass wir nachmittags mit Freunden auf den See gehen und abends bei ihnen zum Abendessen eingeladen sind. Was für eine Freude. Ein Mittagessen muss also her, ein unkompliziertes, freudiges. Eine Galette. Schon immer hab ich Rezepte gesehen, die mich unglaublich angesprochen haben – hab ich mich aber nie daran gemacht, sie umzusetzen. Nie, bis auf gestern. Mürbeteig? Keine Ahnung wie das geht, aber das krieg ich schon hin. Die Zutaten habe ich. Den Teig ruhen lassen, krieg ich hin – super sogar. Beim Belag muss ich kreativ werden – eher eine Stärke von mir, also her mit dem, was da so im Vorrat rumliegt.

Die Kinder gucken, wollen mithelfen, dürfen mithelfen. Ich fühle mich ein wenig wie zu Grossmutters Zeiten. Nur dass ich nicht das Kind bin, sondern die Grossmutter (ist ok, dieses Gefühl, ich kann mit fünfunddreissig dazu stehen, nachzuempfinden, wie Grossmütter fühlen). Die Freude über das Gelingen des Mürbteigs und der Galette als Ganzes ist riesig.

Sind es also diese Grossmutter-Gefühle die mich emotional machen? Nein, das sind sie nicht. Es sind die Emotionen, dass ich dafür einstehe, unsere Kinder NICHT als „komplizierte“, „schwierige“, „einseitige“ oder „schnäderfrässige“ Persönlichkeiten abzutun. Wie können wir erwarten, dass Kinder unsere Küche gerne haben, wenn wir selber emotionslos kochen? Wieso sollten unsere Kinder neuen Kreationen offenen begegnen, wenn wir es selber anzweifeln?

Diese Galette hat Butter, Vollrohrzucker und Dinkelmehl drin. Nicht unbedingt nur Zutaten, die wir auf die unterste Pyramiden Kategorie setzen würden. Aber es ist eine handgemachte Köstlichkeit, deren Süssigkeit ich mir bewusst bin. Aber ich erfreue mich dem Anblick, dass meine Kinder meine Backkunst schätzen. Es hat weder Smarties noch Glitzerzucker drauf. Die Kuchenform gleicht einem abgestürzten Mond. Aber es schmeckt und es ist von Grund auf selber gemacht. Fräulein Flunker meint sogar, Mama mache die besten Kuchen. Wow.

Diese Galette ist eine Ausnahme, etwas, dass wir nicht täglich essen. Aber wir essen es. Wir müssen unsere Kinder nicht stur nach einem Ernährungsplan erziehen, müssen ihnen keine dogmatischen Grenzen setzen. Wir müssen uns aber auch unserer Verantwortung bewusst sein, dass wir die Vorbilder sind, wie unserer Kinder Essen, Kochen und Geniessen sich selber einverleiben.

Nennt eure Kinder nicht „schlechte Esser“. Nennt sie nicht „komplizierte Esser“. Nennt sie nicht „schnäderfrässig“. Viel mehr, gebt euren Kindern die Chance, gesunde Küche kennenzulernen. Gebt nicht auf, nur wenn nach dem ersten Bissen ein „mag ich nicht“ kommt. Wieso schmeckt denn Grossmutters Küche so gut? Wohl weil sie vieles selber kocht, das Essen keine „schnelle Aktion zwischen x/y ist“ und weil es nun mal keine Fast Food Alternative gibt.

Kein Kind ist hoffnungslos verloren bezüglich gesunder Ernährung. Vielmehr bedeutet es, was wir für Vorbilder sind. Wo wir unsere Werte festsetzen. Wie wir Regeln bestimmen. Wieviel Energie es uns wert ist, für das gesunde Essen unserer Kinder einzustehen.

Und ja, ich bin eine konsequente Köchin, eine konsequente Mama, eine rigorose Regel-Setzerin. Aber auch bei mir hat es Platz für Gluscht-Ausflüse, für Ausnahmen, für Überraschungen. Ich habe diese Galette genau nach Anleitung gebacken. Ich habe weder Butter ersetzt, noch Zucker gestrichen. Ok, ich habe Bio-Vollrohrzucker genommen, aber genau die Menge, die angegeben wurde. Wieso auch nicht? Unsere Kinder dürfen wie wir, Süssigkeiten geniessen, Desserts verköstigen. Aber warum dürfen sie nicht wie wir, spannende, neue und kulinarisch wertvolle Rezepte probieren? Und wenn sie probieren und sagen: das mag ich nicht so gerne – dann ist das ok, Kinder brauchen Wiederholungen um sich anzugewöhnen. Um sich sicher zu fühlen. Sie einfach als „schwierige Esser“ oder „komplizierte Esser“ abzutun ist einfach – vor allem für uns. Dienen tut es weder den Kindern, noch uns – glaubt mir.

Übrigens, wer hat jetzt Interesse an diesem Galette-Rezept?

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