Mama ist erschöpft

Und wieder einmal renne ich gegen eine Wand. Gut, ich muss gestehen, ich bin schon eine ganze Weile lang nicht mehr gegen Wände gerannt. Das hat zum einen den Grund, dass auf unserer Reise weder gerannt wurde, noch Wände zum reinrennen da standen. Und es hat den Grund, dass ich in den letzten Monaten einfach wahnsinnig geduldig und entspannt war. WAR. Es hat mich erwischt: Babammmmm und da kam sie, die Wand. Mama rennt voll rein. Mama ist erschöpft.

erschöpfung

Fräulein Flunker und ich am Flanieren

Ich fühl mich ausgelaugt, mag nicht so richtig dies tun oder das machen. Ich bin energielos. Wieso? Ja das wüsste ich auch gerne. Ich suche seit Tagen nach einem Grund, der sich in meinen Ohren gut anhört. Aber ich finde ihn nicht. Diesen EINEN GUTEN GRUND. Wohl deswegen, weil es diesen einen guten Grund nicht gibt.

Ja das ist es, das Frustrierende. Da ist nicht dieser eine gute Grund. Sondern da sind ganz viele Gründe, jeder für sich total trivial und lächerlich, aber in der Summe brutal niederschmetternd. Schuhe einsammeln zum fünften mal. Stündliche Trotzanfälle von Napoleon überstehen. Eingeschnapptes Fräulein Flunker im Halbtagesrythmus davon stampfen lassen (die Gründe sind vielfältig und für mich UNergründlich). Fahrzeuge einsammeln. Die Arbeit für sieben Minuten beginnen. Die Arbeit für 25 Minuten unterbrechen. Fahrzeuge einsammeln. Mich erinnern, dass ich die Wäsche vergessen habe. Die Arbeit für drei Minuten erneut beginnen. Die Arbeit für 48 Minuten unterbrechen. Fahrzeuge einsammeln. Schuhe auch. Wäsche aufhängen. Mich erinnern, dass ich die Arbeit liegen gelassen habe. Laptop wieder starten und gleich wieder runterfahren, denn Napoleon hat sich das Knie aufgeschlagen. Das Knie braucht 15 Pflaster. Meint Napoleon.

Ich bin erschöpft. Genervt. Traurig. Frustriert. Nichts klappt. Nichts läuft. Ich bin nur am Stolpern und renne im Hamsterrad – und eigentlich steh ich einfach nur still und weiss nicht, was ich wann und wo machen soll. Das nennt sich wohl „überfordert sein“. Aber das gesteht man sich ja ungern ein. Ich mir so oder so. Ich mag es gar nicht, überfordert zu sein. Ich bin nie überfordert, neeeeeeeeeein. Wenn, dann nenne ich es so: „ich bin halt einfach ein wenig müde, es ist so viel los.“

Himmel ja, es ist nicht nur ein bisschen was los, es ist unglaublich viel los. Der Tag hat zu wenig Stunden, die Stunde zu wenig Minuten. Ich habe definitiv zu wenig Arme und Beine und eigentlich hätt ich gerne zwei oder drei Klone von mir. Das wär schön.

Aber genau das wär wohl nicht die Lösung. Und die wäre dann? Wenn ich das nur wüsste. Ich habe keinen blassen Schimmer. Denn hätt ich einen Schimmer, dann würd ich’s ja ändern, oder? Verflixt und zugenäht, es ist knifflig. Bei einem aber bin ich mir sicher: schuld geb ich immer dem Gleichen. Der Mond muss hinhalten. Es ist entweder Neumond, Vollmond und wenn keines von beidem, dann ist halt Kackmond. Jawohl. Fies für den Mond, schöngeredet für mich.

Und wenn ich dann so in einer ruhigen Minute dasitze, so wie jetzt, dann tu ich mich beim Mond entschuldigen und sag ihm ganz lieb: „Ich weiss, dass ich dir unrecht tue. Du kannst da nichts für. Es liegt an mir. Mama ist erschöpft. Erschöpft wegen der Summe aus allem. Wegen dem Ganzen aus den vielen Kleinen. Ich bin ganz allein verantwortlich für diesen Schlamassel. Du kannst da nichts für. Entschuldige meine Kackmond-Anschuldigung.“

Und dann, ganz komisch, merke ich, dass ich wohl soeben diese so furchtbar schlimme und ermüdende Phase halbwegs überstanden habe. Und zwar indem ich sie akzeptiere. Ich akzeptiere, dass ich zur Zeit einfach müde, schlapp, genervt und überfordert bin. Nicht mit einer spezifischen Aufgabe, aber mit dem Ganzen, dass das Mama- und Papa-sein so mit sich zieht. Und irgendwie geht’s mir besser. Ein bisschen zumindest. Müde bin ich immer noch, aber ich könnte ja auch gefälligst in’s Bett gehen, als hier zu sitzen und zu schreiben. Aber so ist das eben, das Leben.

Und auch morgen werde ich wieder ein bisschen rennen, aber langsamer. Vielleicht nur im Schnellschritttempo. Und ich halte Ausschau, nach Wänden, in die ich nicht reinrennen will. Und ja, ich halte auch Ausschau nach Schuhen, Velos, sonstigen Fahrzeugen, verlorenen Haargummis und -spangen und weiss der Geier noch, was Kinder so verlieren können. Und ja, es wird nicht das letzte Mal sein, dass ich mit Vollgas in die Wand renne. Das kenne ich von mir. Ihr ja von mir auch. Schön ist aber, dass die Häufigkeit abnehmend ist. Irgendwann renn ich nur noch alle zehn Jahre in die Wand. Bis dahin könnt ihr euch über Zeilen wie diese freuen.

So, und jetzt geh ich in’s Bett. Mama ist erschöpft.

 

 

2 Gedanken zu „Mama ist erschöpft

  1. Manuela Rieser sagt:

    Sehr schön geschrieben☺… und noch was, bist nicht die Einzige, die dem Mond gelegentlich was zuschieben möchten, um eine Erklärung für etwas zu haben, was gar nicht nötig ist. Denn wir sind Menschen und zum Glück stossen wir ab und zu an Grenzen oder rennen mal in eine Wand?. Hatte heute Abend auch kurz so einen Moment. Mein „wieder in die Balance finden Mitteli“ mit gutem Buch einen Moment auf den Strandkorb sitzen und „dureschnuufe“ und vielleicht dem Mond zu zwinckern?

    • Mamalltag sagt:

      Ich denke, der Mond freut sich, wenn wir ihm zuzwinkern… danke für deine lieben Worte. Mamasein ist Menschsein – da gehören solche Momente einfach dazu. Gut, geht es allen so?

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