Bei uns wuseln zur Zeit gerade nur wir drei Frauen durchs Haus. Unsere bessere Superhälfte ist krank. Das tut uns leid für ihn. Nicht aber für uns. Uns tut es nur gut. Warum? Weil wir noch einmal mehr entschleunigen als bereits vorgehabt. Und das tut gut – uns allen. Wir haben ganz offiziell ein Oster-Ticket für viermal A-Z inklusive Vermeidung aller Schnell- und Mautstrassen. Hallo Langsamkeit, hallo entschleunigte Oster.
Ursprünglich geplant waren heute zwei Dinge: einmal zum Bio-Bauernhof und Bioäpfel en gros einkaufen, und einmal Besuch von einem geliebten Menschen, den wir wegen unserer Reise ganz lange nicht mehr gesehen haben. Ein Programm, dass an und für sich bereits sehr überschaubar ist, wie ich finde. Wegen Krankheit von Superhälfte, haben wir nun Ding Nummer eins gestrichen – der Biobauernhof muss warten bis zum nächsten passenden Zeitpunkt. Auf Ding Nummer zwei freuen wir uns von Herzen auch ohne Superhälfte. Mit wäre zwar noch etwas schöner gewesen, aber auch ohne klappt dieser Programmteil hervorragend. Unser Ostersamstag hat also nur noch einen einzigen Programmpunkt und das lässt mich schmunzeln. Warum? Würdet ihr nicht auch schmunzeln wenn ihr merken würdet, wie viel Zeit ihr heute hättet. Zeit für was auch immer: Zeitung lesen, Puzzles machen, Tee trinken, Musik hören, Malen, Podcasts hören, etcetera etcetera.
Noch nicht lange ist es her, genauer geschrieben, 7 Tage, seit wir von unserer unglaublichen Reise zurück gekehrt sind. Und heute passiert es mir zum ersten Mal, seit wir wieder in der Heimat sind: ich fühle mich entschleunigt. So entschleunigt, wie ich es auf unserer Reise war. Ein Tag, der nichts von mir will. Ein Tag der gut ist, auch wenn er nichts abliefert, nichts erreichen muss. Ein Tag ohne „ich sollte“, „ich müsste noch“, „hätte ich doch noch“.
Aus unseren Sonos Boxen läuft seit dem Morgen unsere Neuseeland Playlist. Wir cruisen gedanklich durch das Haus, wie dazumal mit dem Wohnmobil durch die Landschaften Neuseelands. Fräulein Flunker und Napoleon kommen wir kreativer vor, als je zuvor. „Mama, können wir Wasserfarben malen?“ „Mama, wo sind die Steckperlen?“ „Mama, können wir Kneten?“ „Mama, erzählst du uns diese Geschichte?“ Und irgendwann sagt Fräulein Flunker: „Mama, heute können wir alles machen, was wir fragen. Warum sagst du nie Nein? Du sagt immer Ja, egal was wir fragen…“
Ja mein Liebster Schatz, auch Mama lernt noch immer im Leben. Im besten Fall lerne ich täglich, lerne mich zu entspannen, den Blick zu erweitern, Grenzen zu öffnen, trotz allem Strukturen beizubehalten, Leichtigkeit zu versprühen. Ja mein liebster Schatz, heute sagt Mama zu fast allem Ja, zumindest zu all den Fragen, was Spielen anbelangt. Warum sollte ich auch nein sagen? Was spricht dagegen, zweimal am Tag die Steckperlen hervor zu kramen, weil man einfach merkt, dass es eine Stunde später nochmals genau so Spass machen tut. Was spricht dagegen, neue Blankoblätter aus dem Keller zu holen, weil man gerade so viele Ideen im Kopf hat, und zig mal das Gleiche malen will. Früher sprach oft etwas dagegen: zweimal Steckperlen aufsaugen, danach die Knete vom Boden klauben, die Wasserfarbklekse vom Boden Wischen, die vermalten Kleider in die Waschmaschine stecken. Auch heute werden diese Dinge hier und da mal wieder dagegen sprechen, dass die Mama nicht nur „Ja“ sagt. Aber nicht heute. Und auch morgen nicht. Wohl auch in den meisten kommenden Tagen nicht, denn ein „Ja“ kommt einfacher über die Lippen, wenn Gelassenheit vorherrscht. Wenn ich mich entspannt fühle – wenn ich ohne Druck durch den Tag gehen kann.
Und wann kommt der Druck? Wenn ich mir zu viel in den Tag reinpacke. Oder wenn andere mir zu viel reinpacken wollen, und ich einfach überall zusage. Vier Monate lang ist mir das nicht mehr passiert. Auf unserer Reise war weder ich noch sonst jemand da, der unseren Alltag vollstopfen konnte. Und genau das war es, das uns allen so unglaublich gut tat. Und heute schreibe ich diese Zeilen – ganz ungeplant und ohne Vorbereitungen – und fühle zum ersten Mal genau so, wie auf der Reise. Und wieder muss ich schmunzeln. Ich schmunzle weil wir heute diese Entschleunigung umsetzen. Ganz ungeplant und ohne Vorbereitungen. Wir tun einfach nichts, dass wir nicht wollen und tun alles, auf das wir gerade Lust haben. Neben mir malen die Kinder zum dritten mal Wasserfarben. Wenn ich diese Zeilen fertig geschrieben habe, werde ich das sechste Steckperlending bügeln. Und danach? Keine Ahnung. Vielleicht tanzen wir wieder zu unserem Lieblingssong „Feel it still“ von Portugal, the man. Vielleicht staubsauge ich die Steckperlen. Vielleicht auch nicht. Oder ich guck mir nochmals mein neustes Kochbuch an. Irgendwann kochen wir. Ok, ICH koche 😉 Und dann rufen wir unserer Superhälfte, er hat sicher etwas Hunger. Und wenn er schläft, dann schläft er eben. Denn das tut uns ja immer noch leid, dass der Papa krank ist. Für ihn. Nicht aber für uns.
Und glaubt mir, ich leide nicht an Utopiatitis. Dass wir weiterhin nur entschleunigt durchs Leben schweben ist mehr als unwahrscheinlich. Aber ich verspreche es mir, ich verspreche es meiner Superhälfte und ich verspreche es Fräulein Flunker und Napoleon: ich werde mir alle Mühe geben, unseren Alltag so entspannt wie möglich zu halten. Ich habe keine Lust auf Schnellstrasse, ich fahre lieber öfters Landwege. Die führen mich auch an’s Ziel und die Aussicht ist um einiges schöner. Entschleunigte Ostern, ihr Lieben.
Hallo Fio. Genau das entspannte das spürt man raus bei euch und es wirkt ansteckend. ?