Der Boden kommt zurück

Kann man einen Moment als den Tiefpunkt bezeichnen? Als den Moment, an dem man jeglichen Sauerstoff verbraucht und alle Energie verbrannt hat? Ich denke ja. Ich denke dass jeder solche Momente kennt. Tiefpunkte kommen und gehen. Es gibt nicht den ultimativen Tiefpunkt. Den Gravierensten, den Brutalsten. Obschon man sie wohl rückblickend in Ranglisten einteilen könnte – tut man wohl aber nicht. Denn der Tiefpunkt, in welchem man sich akut befindet, fühlt sich schlimm genug an, um ihn furchtbar zu empfinden. Und so fühlt sich der plötzliche Boden unter den Füssen dann wiederum sehr hoffnungsvoll an. Nach dem haltlosen freien Fall ist da etwas, an dem man sich wieder abstossen kann. An dem man sich nach oben stossen kann. Der Boden kommt zurück. Ich bin froh.

Copal

Und wenn der Boden zurück kommt, da kommt auch auf einmal diese Kraft hervor, sich Dinge anzueignen, die diesen Boden unterstützen. Ihn stabil halten. Dass das fragile Etwas nicht in’s Wanken gerät – so neu ist er doch, der zurück gewonnene Untergrund. und was tue ich, wenn mich die Kraft wieder aufstellt? Ich glaube an die Macht der eigenen Energie, des Wollens und des Könnens. Das in jedem von uns schlummert. Doch manchmal braucht es eben etwas, dass alles ein wenig unterstützt. Dass gut tut.

Und mir tun Kräuter gut. Rinden. Düfte. Gräser. Steine. Öle. Alles was die Natur mir darlehen kann um mich wieder aufzubauen. Und so selten diese einschneidenden Tiefpunkte sind, so selten aber voller Freude besuche ich meinen Hexenladen, der mir doch so viel bedeutet. In dem ich Stunden verweilen könnte und merke, wie die Anwesenheit all dieser Räucherwerke, Mischungen, Düfte und Öle mir gut tun. Und da lasse ich mich dann auf Hilfe ein, erzähle was mich bedrückt, was mich zum Fallen brachte, was mich leer und bedrückt zurück lässt. Und die Hilfe die ich bekomme ist in all den Jahren die gleiche. Es ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Denn eigentlich weiss ich, was mir gut tut – geschwächt und verletzlich bin ich mir dessen nur nicht mehr bewusst.

Und so verlasse ich einmal mehr eine ungewollte Tiefe, die rückblickend lehrreich und wichtig war. Und die weder die erste noch die letzte Tiefe sein wird – dafür lebe ich zu intensiv. Zimtrinde begleitet mich als Öl, denn es stärkt das Bewusstsein und die Energie. Mein neuer kleiner goldener Weihrauchbrenner räuchert Copal. Copal ist ein Harz und wirkt entspannend, beruhigend und öffnend. Denn auf dem Weg zum Tief wurde ich untypisch verbittert. Eine Eigenschaft die mir nicht steht – finde ich. Und in den kommenden Tagen, wenn ich wieder aufrecht stehe, dann werde ich mit einer reinigenden Räuchermischung unser Zuhause von allem befreien, dass nicht dahin gehört. Das Energie verpufft und nur nimmt und nichts gibt.

Copal

Ihr seht, dies ist meine Art, mich dem Hellen und Guten wieder hinzuwenden. Mich aus dem Loch zu hieven und mit dem zurück gewonnen Boden mich nach oben abzustossen. Es mag der meine Weg sein, nicht aber der von irgend jemandem sonst. Aber um das geht es auch nicht. Es geht darum zu akzeptieren, dass man manchmal fällt. Manchmal nur leicht. Manchmal ganz ganz tief. Und dass dies okay ist. Es gehört dazu. Zum Leben. Es macht nicht schwach oder unfähig. Es mag wohl kurzfristig überfordern und erschöpfen. Aber das ist okay. Es bedeutet nicht, dass man es nicht im Griff hat oder versagt. Denn genau solche Gefühle entstehen, wenn nichts mehr geht und der einem sonst so vertraute Organismus und Geist wenig bis gar nichts mehr zustande bringen.

Copal

Wann immer man fällt, es kommt der Moment wo man bereit ist, nach Hilfe zu bitten. Er kommt früher oder später. Und diese Bitte ist ok. Das musste ich lange lernen. Wohl lerne ich immer noch – nichts empfinde ich schwieriger als nach Hilfe zu bitten. Aber Schritt für Schritt und mit jedem Fall, lerne ich weiter. Was ich aus diesem Tiefpunkt gelernt habe? Ich weiss es noch nicht. Ich bin gerade erst wieder auf die Beine gekommen. Den Boden den ich spüre ist noch ganz weit unten. Aber auch das ist okay. Jetzt. Letzte Woche war noch gar nichts okay. Und wenn ich mich auch gerade nur an meiner Zimtrinde und meinem Copal festhalte. So halte ich mich doch zumindest an Etwasem fest. Und das ist schon viel mehr, als einfach nur zu fallen.

Copal

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