Solo Tasking

Nur Geduld, nur keine Eile. Ich tue alles Schritt für Schritt. Solo Tasking nenne ich mein Wirken zur Zeit. Weder renne ich Treppen rauf, Treppen runter und trage dabei unter dem linken Arm den Wäscheberg während ich mit der rechten Hand das verspätete WhatsApp schreibe – noch erledige ich drei to-do-Punkte meiner Alltagsliste mit einem Zewa-wisch-und-weg-Tuch. Kein Multi Tasking, nein. Ich habe nämlich keine Zeit für Multi Tasking. Oder besser geschrieben: ich habe keine Muse für Multi Tasking.

multi tasking

Ich und meine Lieblingsbande sind nun seit fast vier Wochen zurück von unserer Reise. Unserer Herzensreise. Was war diese Zeit wunderbar. Unvergesslich. Unvergleichlich. Und doch sind wir glücklich, zu Hause zu sein. Wirklich. Es ist schön hier. Hier in unserem Daheim, in unserer Schweiz. Aber ich würde wohl lügen, würde ich behaupten, wir seien komplett angekommen. Sind wir nicht. Ich nicht und auch Superhälfte nicht. Ich glaube die Kinder sind es. Sie sind angekommen. Aber wir zwei Grossen? Wir zwei Erwachsenen? Nein.

Ich lebe noch immer den Rhythmus der Reise. Eines nach dem anderen, mit viel Luft dazwischen zum Atmen. Zum Innehalten. Ich bin bei weitem noch nicht so effizient wie ich es war, bevor ich vier Monate in den Tag hinein zu leben begann. Effizienz – dieser Effizienz hinke ich noch bitterlich hinterher. Diesem Multi Tasking, diesem schnell-schnell, hopp-hopp. Einerseits ärgert es mich, andererseits finde ich es ganz schön, dass ich mich diesem Streben noch nicht ganz hergeben kann. Es ist eine Mischung aus „nicht können“ und „nicht wollen“. Ich WILL nicht Multi Tasking, ich KANN nicht Multi Tasking. Eines nach dem anderen – Solo Tasking.

Warum sind die Kinder angekommen und ich noch nicht? Wohl weil die Kinder genau das tun: Eines nach dem anderen. Es war vor unserer Reise nicht anders, es war während unserer Reise nicht anders, es ist jetzt nicht anders. Sie leben im Jetzt und hier, tun was gerade ansteht und gefällt. Und ich habe Gefallen daran gefunden. Ich, die kleine grosse Perfektionistin, die alles gerne erledigt hat, versorgt und abgehackt. Ich habe Gefallen daran gefunden, meinem Geist und meinem Sein ein wenig mehr Luft zum Atmen zu geben. Mir keine to-do-Listen vor die Nase zu setzen, die so vollgepackt sind, dass sie einem nur zum Scheitern verurteilen.

Auf unserer Reise habe ich die wohltuende Wirkung der Langsamkeit kennengelernt. Sie zeigt sich in Vielem. Sei es in der Achtsamkeit, sei es im Bewussten. Bewusst etwas langsam zu machen zeigt mir auf, dass ich beim Tun glücklicher bin. Denn ich konzentriere mich auf’s Wesentliche. Nämlich auf genau das, was ich im Moment tue. Der Geist empfindet dies als Wohltat, der Körper es als Ruhe. Und Wohltat und Ruhe tun uns gut. Es hilft unserer Gesundheit und unserem geistigen Sein.

Klingt alles sehr spirituell – ja, das tut es wohl ein wenig. Darf es auch. Denn zum Schluss unserer Reise in Bali hab ich sie entdeckt. Meine Spiritualität. Und zwar als ich mir erlaubte, die Langsamkeit in meinem Gepäck mit nach Hause zu nehmen. Die Achtsamkeit, das Bewusstsein. Und deswegen bin ich wohl noch nicht ganz angekommen. Oder vielleicht bin ich angekommen, merke aber, dass sich was verändert hat. Zum Guten, zum Langsamen, zum Achtsamen. Ich liebe mein Leben hier, mein Zuhause, meinen Alltag. Aber ich liebe es ein wenig anders, jetzt nach unserer Reise. Es darf langsamer und bewusster sein. Mit mehr Geduld, mehr Fokus. Und wisst ihr was? Es geht mir richtig gut.

Ich akzeptiere, dass ich nicht mehr auf Reisen bin, dass der Tagesrythmus ein anderer sein muss. Dass wir als Familie nach Schweizer Schema funktionieren müssen. Aber ich akzeptiere auch, dass mein Körper und mein Kopf nach Ruhe fordern. Dass meine Kinder meinen Fokus wollen. Dass mein Geist sich ab und zu setzen möchte. Und dann tue ich das auch. Ich trinke Tee, in Ruhe, ich lese einen Artikel, in Ruhe. Ich spiele oder male, in Ruhe und mit Fokus. Bin ganz da, wo ich gerade wirken darf. Die Kinder merken es – sie empfinden mich als authentisch. Ich merke es – ich empfinde mich als geerdet. Meine bessere Superhälfte merkt es – er fühlt meine innere Ruhe. Und die kann ich bei Bedarf abgeben, wer auch immer sie gerade braucht. Denn ich habe mehr als ich für mich selber benötige. Innere Ruhe. Und das habe ich nur, weil ich es mir erlaube, zum Durchatmen zu kommen. Pause zu machen. Achtsam zu sein.

4 Gedanken zu „Solo Tasking

  1. Natasa sagt:

    Liebe Fiorina, heute haben deine wunderschönen Texte für mich ein Gesicht bekommen. Ich durfte dich persönlich kennenlernen und diese tolle Frau, die mir gegenübersass, hat mir mit ihrem sympatischen, herzlichen und offenen Wesen gezeigt, wieso ihre Texte so wunderschön sind. Ich danke dir für die zwei Stunden Achtsamkeit, die du mir heute geschenkt hast. Liebe Grüsse, Natasa

    • mamalltag sagt:

      Achtsamkeit, was für eine bereichernde Art sich zu begegnen. Es war mir eine Freude – das Dankeschön geht an dich zurück. Liebe Grüße, Fiorina

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